Der Bund schickt „Respekt Coaches“ an die Schulen – Misstraut er den Schulen?

Beteiligt am Bundesmodellprogramm sind vier Trägergruppen: Arbeiterwohlfahrt, Evangelische Trägergruppe, Freie Trägergruppe und Katholische Trägergruppe. 60 Prozent der Respekt Coaches sind jünger als 40 Jahre, 70 Prozent sind weiblich, 30 Prozent haben Migrationshintergrund.

imago Images/Michael Weber

Am 29. Juni 2021 lasen wir in einer Presseerklärung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): Von 2021 bis 2024 stehen für den schulischen (!) „Kampf gegen Extremismus, Hass und Rassismus“ jährliche Bundesmittel in Höhe von 15 Millionen Euro bereit – zusätzlich zur bislang schon laufenden jährlichen Förderung mit 21 Millionen Euro. Das sind ab sofort pro Jahr also 36 Millionen. Geführt und vorangetrieben wird dieser Kampf von „Respekt Coaches“. 260 solcher „Respekt Coaches“ sind bereits seit 2018 im Einsatz, ihre Zahl wird jetzt um 151 neue Vollzeitstellen an weiterführenden Schulen ab der 5. Klasse in ganz Deutschland aufgestockt. Das ist eine ordentliche Menge Geld. Je Stelle also rund 90.000 Euro pro Jahr.

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Aber was ist der Zweck? Das BMFSFJ, das verfassungs- und föderalismusrechtlich mit Schulen nichts am Hut haben kann, will mit diesem Programm Schulen stärken, „für ein respektvolles, friedliches Miteinander einzustehen“, und bei Schülern deren „demokratische Bildung“ fördern. Skeptische Fragen stellen wir natürlich zurück. Aber wir deuten sie zumindest an: Sind die Schulen nicht mehr willens oder stark genug, solche Bildung und Erziehung selbst hinzukriegen? Ist es Bequemlichkeit? Steckt dahinter eine (Selbst-)Entmündigung der Schulen? Misstraut der Staat den Schulen?

Und die bisherigen Erfahrungen mit „Respekt Coaches“? Ohne „wissenschaftliche“ Begleitung geht natürlich nichts. Beauftragt hatte das BMFSFJ für eine zweijährige Begleitung des „Respekt“-Projekts das Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (INBAS, Offenbach) und das Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung (ies, Hannover). Die beiden legten nun einen 104 Seiten umfassenden „Endbericht“ vor.

Ein paar Fakten daraus: Organisatorisch sind die „Respekt Coaches“ an die Jugendmigrationsdienste (JMD) angebunden und hier beschäftigt. Beteiligt an diesem Bundesmodellprogramm sind vier Trägergruppen: Arbeiterwohlfahrt, Evangelische Trägergruppe, Freie Trägergruppe und Katholische Trägergruppe. 60 Prozent der „Respekt Coaches“ sind jünger als 40 Jahre, 70 Prozent sind weiblich, 30 Prozent haben Migrationshintergrund.

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Die „Respekt Coaches“ waren bislang an 351 Kooperationsschulen tätig. (An anderer Stelle ist von rund 460 Kooperationsschulen die Rede.) 126.238 Schüler wurden bislang erreicht – überwiegend der Klassenstufen 7 bis 9. (Von 10 Millionen Schülern in Deutschland). Zu 24 Prozent waren die beteiligten Schulen berufsbildende, zu je rund 10 Prozent Realschulen oder Hauptschulen, zu 15 Prozent Gesamtschulen und zu 3 Prozent Gymnasien. Insgesamt führten die Coaches 3.732 Gruppenmaßnahmen durch: etwa Projekttage, Theaterpädagogik, Erlebnispädagogik, Medienprojekte, aber auch individuelle Beratung und Sprechstunden.

Und die Resonanz? Sie ist durchwachsen. In einer Presseerklärung des BMFSFJ vom 29. Juni 2021 lesen wir zwar verdutzt den Satz: „Mehr als 80 Prozent der Schulen wünschen sich die Respekt Coaches als feste Einrichtungen.“ Wie bitte? 80 Prozent der mehr als 40.000 deutschen Schulen? Das ist natürlich nicht gemeint, aber es wird nicht gesagt, was die Basis der „80 Prozent“ ist. Die Basis ist nämlich die Zahl der am „Respekt“-Projekt beteiligten Schulen, und davon auch wiederum nur ein Anteil von 36,6 Prozent, die die beiden Befragungen der wissenschaftlichen Institute mitgemacht haben. Nun ja, auch so kann man Eindruck schinden und Millionenausgaben begründen.

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Mager sind auch die Ergebnisse hinsichtlich des nachhaltigen Nährwertes der erfolgten Maßnahmen. Nur jeweils rund 5 Prozent der Schulen antworten mit „trifft zu“, wenn nach dem Effekt der „Respekt“-Maßnahmen gefragt wird: Gingen Mobbing, religiöser Extremismus, politischer Extremismus und Gewaltbereitschaft zurück? 5 Prozent nur meinten, das treffe zu. Etwa 30 Prozent meinten, es treffe „teilweise“ zu. Das ist wenig für viel Geld.

Dennoch wollen wir die Sache nicht so einfach beiseitelegen. Denn die politische Zielrichtung ist verräterisch. Im Dezember 2020 nämlich hat die Bundesregierung im Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus beschlossen, das Programm „Respekt Coaches“ finanziell zu stärken. Zukünftig wird hier auch der Themenkomplex „Rechtsextremismus“ einbezogen.

Mit anderen Worten: Die Regierenden trauen der Bürgergesellschaft nichts zu. Sie wollen die „Zivilgesellschaft“ staatlich entsprechend weiter aufblähen. Erziehung „total“ ist angesagt. Von der Wiege bis zur Bahre soll der Mensch auf Antifaschismus und Antirassismus getrimmt werden. Big Brothers Gedankenpolizei und Politkommissare grüßen die „Respekt Coaches“.

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Kommentare ( 105 )

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Konservativer2
2 Jahre her

JETZT hab‘ ich’s, ich weiß, was Respekt Coaches tun: sie vermitteln den Schüler*Innen, dass sie uns nicht mehr als „Kartoffeln“, „Kuffar“ oder „alte weiße Männer“ titulieren sollen!

Was, schon wieder daneben? So ein Mist aber auch…

Last edited 2 Jahre her by Konservativer2
Bummi
2 Jahre her

In der DDR gab es auch Staatsbürgerkunde. War die politische Indoktrinierung durch die Machthaber Also nichts Neues, Geldverschwendung.

Ben Goldstein
2 Jahre her

Ich kann deren Bericht noch nicht mal entnehmen, was diese teils voll angestellten Leute konkret arbeiten. Und die Umfragen selbst suggerieren, dass es die Auftraggeber selbst eigentlich nicht wissen. Irgendwelche Maßnahmen. Steuergelder werden einfach in Aktivistenkreise reingereicht. Wo es am Ende rauskommt, bei Antifa, bei Seawatch oder bei was auch immer, ist gar nicht mehr nachvollziehbar.

Harry Charles
2 Jahre her

FOLGE DER VERWEIBLICHUNG Weit hergeholt? Keineswegs! Fakt ist: im Lehramt gibt es (über alle Schulformen gemessen) hierzulande inzwischen doppelt so viele weibliche wie männliche Lehrer. Und die linksgrünen XY-Chromosomenträger sind als „männlich“ ja auch wohl kaum noch zu bezeichnen. Es ist den Frauen in diesem Land inzwischen gelungen, einen Großteil der Männer konsequent zu verdackeln, über Domestikation zu kastrieren. Was sind die Motive? Es geht den Frauen zu gut, daher schnappen sie über. Feminismus und Gender sind auch Exzesse und Degenerationen einer überdrehten Wohlstandsgesellschaft. Verlustängste spielen wohl eine große Rolle. Der dominierte, verdackelte Mann ist aus Sicht der Frau weniger… Mehr

giesemann
2 Jahre her

Dachte immer, Bildung und „Kult“ sei Ländersache. Wer soll „Respekt“ üben gegenüber wem? Die Lehrerin hat bestimmt Respekt vor dem Buben mit seinem Vater … . (Sage ich es anders, weniger kryptisch, dann veröfföfft mir TE das nicht). Aus Respekt vor dem Buben und seinem Vater.

Willi4
2 Jahre her

Bösartig, wie ich als alter weißer Mann bin, würde ich vermuten, dass die Mehrheit dieser „coaches“ die zentralen Begrifflichkeiten Faschismus, Antifaschismus und Rassismus nicht sauber und neutral definieren kann.

Franz Reinartz
2 Jahre her

Werden die ernsthaft besser bezahlt als Lehrer? Mehr als doppelt soviel wie Schulsozialarbeiter? Wow: Ich hätte rechtzeitig Coach werden sollen?

Rob Roy
2 Jahre her
Antworten an  Franz Reinartz

Gehalt und Lohnnebenkosten werden maximal die Hälfte der 90.000 Euro ausmachen. Mehr als 3.000 bis 3.500 brutto wird so ein Sozialarbeiter nicht erhalten. Wenn überhaupt. Der Rest werden „Verwaltungskosten“ derjenigen sein, die die Coaches in die Schulen entsenden.

Martin Mueller
2 Jahre her

„Respekt Coaches“ an Schulen ?! Sowas Ähnliches hatten wir in Deutschland zuletzt vor 1989. Jugendlichen also die richtige politische und moralische Gesinnung beibringen, also aufzwingen. Und was passiert mit Schülern, die in diesem „Fach“ eine Fünf oder Sechs produzieren, bekommen die dann einen eigenen „Respekt Coache“ als Nachhilfe für die richtige Gesinnung an die Seite gestellt? Und um welchen Respekt geht es eigentlich? Geht es um Respekt vor unserem westlichen Lifestyle, vor unseren Kultur, vor den Lehrern, vor unserem hart erarbeiteten Wohlstand, vor unserem bewährten Wertekanon? Oder geht es darum, unseren Kindern und Jugendlichen einen neuen Wertekanon und neue eine… Mehr

Konservativer2
2 Jahre her
Antworten an  Martin Mueller

Genau darum geht es: die Kinder dem elterlichen Einfluss entziehen und im Sinne des Staates zu erziehen. So macht auch die Propaganda gegen Eltern, die z.B. zum Wohle der Kinder auf Erwerbstätigkeit der Frau verzichten, richtig Sinn. Nicht umsonst wurde das heutige Kinderbetreuungssystem dem damaligen Ostblock entlehnt.

Johanna
2 Jahre her

In meiner Schulzeit wurde Respekt vor den Lehrern erwartet. Untereinander war das Ziel Kameradschaftlichkeit. Leider wurden mitunter Schwache gehänselt, nicht selten trugen Sportlehrer dazu bei. Die soziale Kontrolle untereinander funktionierte dennoch im Große und Ganzen. Petzer wurden ausgegrenzt. Die Jungs prügelten sich ab und an, das hatte Unterhaltungswert. Dass jemand mit einem Messer an Leib und Leben bedroht wurde, habe ich nie erlebt. Mensch, war das schön!

Franz Reinartz
2 Jahre her
Antworten an  Johanna

Das mit dem Sportlehrer kenne ich auch. Aber auch bei der wildesten waffenlosen Prügelei war genau dann Schluss, wenn einer der Kontrahenten aufgegeben hat. Liest man manche Berichte, scheint es dann aber erst loszugehen.

Regina Lange
2 Jahre her

Politisch korrekte Erziehung für die Kartoffelkinder. Wir nähern uns nicht den DDR Verhältnissen, wir sind mitten drin! Staatlich geprüfte Agitprop-Spezialisten schwärmen aus um die Kinder auf Linie zu bringen! Das ich sowie mal in Schland erlebe hätte ich mir auch nicht träumen lassen!